Was kostet ein Inkassoverfahren?
Im Laufe eines Inkassoverfahrens können verschiedene Kosten entstehen. Zunächst sind da die tatsächlichen Inkassokosten. Das sind die Kosten, die für die Tätigkeit des Inkassounternehmens anfallen.
Darüber hinaus gibt es aber auch sogenannte Fremdkosten. Das sind Kosten, die im Zusammenhang mit dem Inkassoverfahren an andere beteiligte Stellen bezahlt werden müssen. Hierzu gehören beispielsweise die Kosten für Adressermittlungen, Rücklastschriftkosten, Gerichtsvollzieher oder Gerichtskosten.
Die wichtigsten Fragen im Überblick
Inkassokosten
Inkassounternehmen erbringen für ihre Auftraggeber Rechtsdienstleistungen und rechnen die Kosten dafür ab. Eben diese Kosten sind als Verzugsschaden vom Schuldner zu ersetzen. Auf den Schuldner können Kosten zukommen, bis zu der Höhe, die einem Rechtsanwalt für dieselbe Tätigkeit zustehen würden. Inkassokosten werden daher üblicherweise in Anlehnung an das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnet.
Die Höhe der Inkassovergütung bestimmt sich
- nach dem geschuldeten Betrag und
- dem Aufwand für die Beitreibung der Forderung.
Außergerichtliches Verfahren
Mit der ersten Zahlungsaufforderung kann das Inkassounternehmen Kosten in Höhe einer 0,5 Gebühr in Anlehnung an Nr. 2300 Nr. 2 VV RVG abrechnen. Hier spricht man von einem sogenannten einfachen Fall.
Ist es zur Realisierung der Forderung nötig, dass das Inkassounternehmen weitere Maßnahmen ergreift, erhöht sich die Vergütung auf eine 0,9 Gebühr.
Wird die Forderung zu Unrecht bestritten, kann die Inkassovergütung wegen des höheren Bearbeitungsaufwandes bis auf eine 1,3 Gebühr in Anlehnung an Nr. 2300 Nr. 1 VV RVG ansteigen. Zum sogenannten „unberechtigten“ Bestreiten – also wenn eine Forderung ohne einen berechtigten Grund reklamiert wird – geben wir am Ende dieses Artikels ein Rechenbeispiel.
Einigungsvergütung
Für Zahlungsvereinbarungen wie beispielsweise bei Ratenzahlungen können Inkassounternehmen eine 0,7 Gebühr in Anlehnung an Nr. 1000 VV RVG berechnen. Der Gegenstandswert beträgt in diesem Fall nur die Hälfte der Forderung.
Mahnverfahren
Für die Beantragung des Mahnbescheides können Inkassounternehmen eine 1,0 Gebühr nach Nr. 3305 VV RVG und für die Beantragung des Vollstreckungsbescheides eine weitere 0,5 Gebühr nach Nr. 3308 VV RVG berechnen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Vergütung für die außergerichtliche Tätigkeit des Inkassounternehmens zur Hälfte angerechnet wird. Je nachdem, wie umfangreich diese Tätigkeit war, können sich daher für das Mahnverfahren unterschiedliche Endbeträge ergeben. Ein konkretes Rechenbeispiel inklusive der anfallenden Auslagenpauschale und Gerichtskosten findet sich am Ende des Artikels.
Zwangsvollstreckung
Jede Maßnahme im Rahmen der Zwangsvollstreckung bedeutet für den Schuldner weitere Kosten in Höhe einer 0,3 Gebühr in Anlehnung an Nr. 3309 VV RVG. Hinzu kommen auch hier wieder Gerichts- bzw. Gerichtsvollzieherkosten.
Auslagenpauschale
In jedem Fall kommt in Anlehnung an Nr. 7002 VV RVG eine Auslagenpauschale in Höhe von 20% der angefallenen Inkassovergütung hinzu. Die Auslagenpauschale darf maximal 20 Euro betragen.
Fremdkosten und Verzugszinsen
Fremdkosten sind die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Inkassoverfahren an andere beteiligte Stellen bezahlt werden und vom Schuldner ersetzt werden müssen.
Hierzu gehören beispielsweise:
Gerichtskosten
Hierbei handelt es sich um gesetzlich geregelte Kosten, die vom Staat für die Tätigkeit der Gerichte erhoben werden.
Adressermittlungskosten
Wenn die neue Adresse des Schuldners ermittelt werden muss, können unterschiedlich hohe Kosten entstehen. Diese sind davon abhängig, welches Unternehmen bzw. welche Behörde mit der Ermittlung beauftragt wurde und welche Kosten sie dafür in Rechnung stellen. Die gängigste Möglichkeit, eine Adresse zu ermitteln, ist die Auskunft vom Einwohnermeldeamt.
Rücklastschriftkosten
Ist das Konto bei einem vereinbarten SEPA-Einzug nicht gedeckt oder wird der Lastschrift vom Kontoinhaber widersprochen, scheitert der Einzug und die Bank stellt Kosten für die Rücklastschrift in Rechnung.
Verzugszinsen
Letztlich fallen im Laufe eines Inkassoverfahrens auch Verzugszinsen an. Diese sind als Verzugsschaden gem. §§ 280, 286 BGB ebenfalls vom Schuldner zu zahlen. Nach § 288 BGB ist eine Geldforderung von Verbrauchern mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Damit machen sich Verzugszinsen insbesondere bei älteren und / oder höheren Forderungen finanziell bemerkbar.
Rechenbeispiel 1: Inkassokosten für Beauftragung und erste Zahlungsaufforderung
Du hast Schuhe für 100 Euro bestellt – und die Rechnung übersehen. Die Zahlungsfrist ist abgelaufen und du befindest dich in Zahlungsverzug. Der Gläubiger übergibt den Auftrag an ein Inkassounternehmen. Du erhältst von dort die erste Zahlungsaufforderung.
Hauptforderung 100,00 EUR | ||
---|---|---|
Kosten für die erste Zahlungsaufforderung |
RVG-Gebührensatz 0,5 |
24,50 EUR |
Pauschale für Post und Telekommunikation |
20 % der Inkassokosten |
4,90 EUR |
SUMME der Kosten |
|
29,40 EUR |
Rechenbeispiel 2: Kostenerhöhung bei unberechtigter Reklamation
Wir nehmen den gleichen Fall: Du hast Schuhe für 100 Euro bestellt und bekommst ein Inkassoschreiben, in dem dieser Betrag zuzüglich der entstandenen Inkassokosten verlangt wird. Du bist dir aber sicher, die Rechnung bereits überwiesen zu haben. Daher schickst du eine Reklamation an das Inkassobüro.
Dort wird nun der Fall eingehend geprüft und wahrscheinlich auch nochmal Rücksprache mit dem Gläubiger gehalten und auf allen Konten geschaut, ob der Betrag eingegangen ist, aber möglicherweise falsch zugeordnet wurde.
Die Prüfung ergibt, dass du dich vertan hast – du dachtest zwar, du hättest diese Schuhe bezahlt, es handelte sich aber um eine andere Rechnung. Deine Reklamation war also nicht berechtigt. Für den zusätzlichen Aufwand, der dadurch entstanden ist, darf der Gebührenfaktor der Inkassokosten bis auf 1,3 erhöht werden.
Hauptforderung 100,00 EUR | ||
---|---|---|
Inkassokosten bei erhöhtem Aufwand nach ungerechtfertigter Reklamation |
RVG-Gebührensatz 1,3 |
63,70 EUR |
Pauschale für Post und Telekommunikation |
20 % der Inkassokosten |
12,74 EUR |
SUMME der Kosten |
|
76,44 EUR |
Rechenbeispiel 3: Kosten, die durch und nach einem gerichtlichen Verfahren entstehen können
Gleicher Fall: Du hast Schuhe für 100 Euro bestellt, bekommst ein Inkassoschreiben, ignorierst es aber. Wenn auf Kontaktversuche oder Zahlungsangebote des Inkassobüros nicht reagiert wird, bleibt für den Gläubiger oft nur noch der Weg über ein Gerichtsverfahren, um die Forderung zu sichern.
Wer nach einem Vollstreckungsbescheid immer noch nicht bereit ist, die Forderung zu zahlen, riskiert noch höhere Kosten durch Zwangsvollstreckungsmaßnamen.
Hauptforderung 100,00 EUR | ||
---|---|---|
Kosten für höheren Aufwand bei der Inkassobearbeitung |
RVG-Gebührensatz 0,9 |
44,10 EUR |
+ Pauschale für Post und Telekommunikation |
20 % der Inkassokosten |
8,82 EUR |
Beantragung Mahnbescheid |
RVG-Gebührensatz 1,0 |
49,00 EUR |
+ Pauschale für Post und Telekommunikation |
20 % der Kosten |
9,80 EUR |
- Anrechnung außergerichtliche Tätigkeit |
- 50 % RVG-Gebührensatz 0,9 |
-22,05 EUR |
+ Gerichtskosten |
|
36,00 EUR |
Beantragung Vollstreckungsbescheid |
RVG-Gebührensatz 0,5 |
24,50 EUR |
+ Pauschale für Post und Telekommunikation |
20 % der Kosten |
4,90 EUR |
Inkassokosten für Vollstreckung |
RVG-Gebührensatz 0,3 |
15,00 EUR |
+ Pauschale für Post und Telekommunikation |
20 % der Kosten |
3,00 EUR |
+ Gerichtsvollzieherkosten |
Höhe je nach Aufwand und Inhalt der Vollstreckung |
15,00 EUR |
SUMME der Kosten |
|
min. 188,07 EUR |
Achtung: Die Beispiel-Rechnungen enthalten reine Netto-Kosten. Wenn der Gläubiger der Forderung nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, kommt zu allen Inkassokosten die Umsatzsteuer hinzu. Außerdem fallen noch Verzugszinsen an.
Unser Tipp
Es lohnt sich also, den Inkassoprozess schnell abzuschließen – damit die Kosten niedrig bleiben!
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